Ludwig Mies van der Rohe

Mies van der Rohe, Ludwig (1886-1969), führender Architekt und Architekturtheoretiker des 20. Jahrhunderts und einflussreichster Vertreter des Internationalen Stils.

Geboren am 27. März 1886 in Aachen, arbeitete er von 1905 bis 1907 bei dem Architekten und Möbeldesigner Bruno Paul und im Büro des Industriearchitekten Peter Behrens (1908-1911), bevor er 1912 in Berlin ein eigenes Architekturbüro eröffnete.

Nachdem er zunächst Gebäude entworfen hatte, die noch von der Schinkel-Renaissance des beginnenden 20. Jahrhunderts beeinflusst waren, begann er schon bald jene Stilmerkmale herauszubilden, die ihn zeit seines Lebens beschäftigen sollten, und experimentierte in mehreren revolutionären Entwürfen für Hochhäuser mit Stahlrahmen- und Glaswandkonstruktionen. 1927 entwarf er für die Stuttgarter Weißenhofsiedlung erstmals Gebäude in Stahlskelettbauweise. Zwei seiner frühen Meisterwerke sind der Deutsche Pavillon für die Internationale Ausstellung in Barcelona (1929), für den er auch den berühmten Barcelona-Stuhl aus Leder und Chrom schuf, und das Haus Tugendhat (1930) in Brünn (heute Brno in der Tschechische Republik). Beide Entwürfe zeichnen sich durch eine lang gezogene, flache Glasbauweise aus, bei der der Innenbereich als eine Abfolge offener Räume konstruiert und die Wände ohne tragende Funktion auf ein Minimum reduziert waren. Das Haus Tugendhat wurde 2001 in die Liste des UNESCO Weltkulturerbes aufgenommen.

Strenge Einfachheit und Ästhetik der strukturellen Elemente sind typische Merkmale seines Stiles. Auch wenn Mies nicht der erste Architekt war, der nach diesen Prinzipien arbeitete, war er es, der den Rationalismus und Funktionalismus letztlich zur vollen Blüte weiterentwickelte. Sein berühmter Satz „Weniger ist mehr” bringt die grundlegende Konzeption seiner Architektur Mitte des 20. Jahrhunderts auf den Punkt. Seine Gebäude, die streng geometrisch und ohne jeden Schmuck sind, erzielen ihre Wirkung durch ausgewogene Proportionen, edle Materialien wie Marmor, Onyx, Travertin und Chrom und nicht zuletzt äußerste Präzision im Detail.

Als Direktor des Bauhauses ab 1930 führte er bis zu dessen Auflösung durch die Nationalsozialisten im Jahr 1933 die Tradition der bedeutenden Hochschule für Gestaltung fort und emigrierte 1937 in die USA, wo er als Leiter des Armour Institute (heute Illinois Institute of Technology) in Chicago von 1938 bis 1958 eine neue Generation amerikanischer Architekten ausbildete. In den USA entwarf er u. a. Hochhäuser, Museen, Schulen und Wohnhäuser. Das 37-stöckige Seagram Building in New York (1958), eine Konstruktion aus Bronze und Glas, die er in Zusammenarbeit mit Philip Johnson entwarf, gilt als mustergültiges Beispiel der Glasfassadenarchitektur, während das Farnsworth House bei Fox River in Illinois (1950) einen seiner bekanntesten Wohnraumentwürfe darstellt. Seinem Ideal einer klaren und offenen Raumstruktur entsprach exemplarisch die von 1962 bis 1967 erbaute Neue Nationalgalerie in Berlin.

Neben dem französischen Architekten Le Corbusier und dem Amerikaner Frank Lloyd Wright ist Mies van der Rohe der dritte im Bunde der stilprägenden Architekten des 20. Jahrhunderts. Insbesondere seine Wolkenkratzerentwürfe wurden immer wieder kopiert oder nachgeahmt. Ludwig Mies van der Rohe starb am 17. August 1969 in Chicago.




Seagram Building in New York (1956-1959)

In seiner geradlinigen Formgebung ein typisches Spätwerk des Internationalen Stiles ist Mies van der Rohes Seagram Building in New York. Mit seiner Stahlgerüstkonstruktion, die mit Glas, Bronze und Marmor verkleidet ist, ist das 37-stöckige Hochhaus gleichzeitig ein Musterbeispiel moderner Glasfassadenarchitektur.